Frühjahr 2020, wir stecken inmitten einer Pandemie.
In Zeiten wie diesen möchte man manchmal einfach den Kopf in den Sand stecken und abwarten, bis der ganze Spuk vorbei ist. Gerade in finanzieller Hinsicht ist die aktuelle Pandemie mit dem eigentlich ganz hübschen Namen Corona eine Herausforderung.
Ich kenne kaum jemanden, der nicht in irgendeiner Form mit Einkommenseinbußen zu kämpfen hat – egal ob Angestellte(r) oder Selbständige(r).
Egal, ob du vor der Krise Übersicht über deine Finanzen hattest oder nicht:
jeder kann die aktuelle Zeit nicht nur zum Ausmisten und Ordnen seiner Kleidung, Gegenstände, Erinnerungsstücke nutzen, sondern auch zum Ordnen seiner Finanzen.
Das hilft zum einen, eventuell aktuell vorhandene Engpässe zu überstehen, zum anderen auch deine finanzielle Zukunft zu planen.
SCHRITT 1: VERSCHAFFE DIR EINEN ÜBERBLICK
Der erste und in meinen Augen gleichzeitig wichtigste Schritt ist auch der aufwendigste von allen: dir einen Überblick über deine Finanzen zu verschaffen. Aber keine Angst, du schaffst das! Schnapp dir einen Zettel und einen Stift oder erstelle am PC eine neue Datei. So wie du es am liebsten magst.
Einnahmen
Erstelle eine Liste deiner regelmäßigen Einnahmen.
Dazu zählen zum Beispiel:
- Lohn / Gehalt
- Privatentnahmen bei Selbständigen
- Kindergeld
- Unterhalt
- Mieteinnahmen
- staatliche Unterstützung wie Wohngeld, Arbeitslosengeld usw.
Fixkosten
Hier nimmst du am besten deine Kontoauszüge der letzten Monate zur Hand, idealerweise die eines gesamten Jahres. Somit vergisst du keine Zahlungen, die nur quartalsweise oder jährlich fällig sind, aber oft beträchtliche Beträge haben.
Typische Fixkosten sind zum Beispiel:
- Wohnkosten (Miete, Strom, Gas etc.)
- Telefon und Internet
- Rundfunkbeiträge
- Versicherungen
- Abos (Zeitschriften, Streaming-Plattformen etc.)
- Fitnessstudio / Sportverein
- KiTa-Gebühren
- Abos für öffentliche Verkehrsmittel
Kredite / Schulden
Falls du einen oder mehrere Kredite abzahlst oder Freunden/Familie noch Geld schuldest, erstelle Übersicht aller offenen Beträge und Fälligkeiten.
Monatliche feste Raten ergänze am besten in der Fixkosten-Übersicht, damit du diese nicht vergisst.
Auch Kreditkarten-Schulden mit festen längerfristigen Abzahlungsraten gehören dazu.
Variable Kosten
Zu den variablen Kosten zählen Dinge wie:
- Einkäufe im Supermarkt und der Drogerie
- Freizeitausgaben* (Restaurant, Kino etc.)
- Kleidung
- Geschenke
- Friseur, Nagelstudio*
- Urlaub*
- Fahrtkosten (Benzin, Tickets, Carsharing…)
Jetzt schnapp dir einen Taschenrechner.
- Addiere alle monatlichen Einnahmen.
- Suche aus deinen Fixkosten diejenigen heraus, die nicht jeden Monat bezahlt werden müssen und brich die Gesamtpreise auf Monatswerte herunter.
(Beispiel: Autoversicherung 600 € pro Jahr : 12 = 50 € pro Monat). - Addiere dann alle Fixkosten inkl. der soeben berechneten monatlichen Durchschnittswerte. Vergiss feste Kredit-Raten nicht (siehe Punkt Kredite/Schulden).
- Ziehe die Fixkosten von den Einnahmen ab.
Nun wird es spannend.
Wie viel bleibt nach Abzug der Fixkosten von deinen Einnahmen übrig?
Hoffentlich mindestens ein paar Hundert Euro, denn von dem restlichen Geld solltest du deine variablen Kosten bestreiten und idealerweise etwas ansparen können (Stichwort Notgroschen – siehe Schritt 5). Wenn du nur knapp im Plus bist oder dein Taschenrechner gar ein dickes Minus anzeigt, solltest du schleunigst handeln. Man muss kein Mathe-Genie sein um zu erahnen, dass so ein Zustand auf Dauer nicht gut gehen kann.
Es sei denn, du hast noch ein dickes Polster auf einem Spar- oder Tagesgeldkonto. Aber wäre es nicht schön, wenn das Polster da einfach bleiben darf?
SCHRITT 2: KOSTEN SENKEN
Na, hast du den ersten kleinen Schock überstanden? Die gute Nachricht ist: du hast es in der Hand etwas zu ändern. Ist das nicht großartig? Schauen wir uns deine Kosten an und überlegen, wie du sie senken kannst.
Fixkosten senken
Vielleicht ist dir ja beim Erstellen deiner Fixkosten-Liste schon der eine oder andere Posten ins Auge gefallen, den du völlig vergessen hattest. Das Abo einer Zeitschrift, die du eigentlich gar nicht mehr liest. Die Abbuchung des Fitness-Studios, das du schon lange nicht mehr von innen gesehen hast.
Solche unnötigen – weil nicht genutzten – Ausgaben solltest du sofort anpacken, sprich: kündigen. Dazu musst du keine AGB nach den Fristen durchwühlen oder sonstigen großen Aufwand betreiben.
Je nach Anbieter kannst du einfach ein kurzes Kündigungsschreiben aufsetzen, einfach zum nächstmöglichen Termin. Aus die Maus. Bei vielen Online-Anbietern wie Streaming-Plattformen oder Apps kannst du direkt über die App oder den Playstore kündigen.
Hast du laufende Kosten fürs Fitnessstudio, Sportverein oder ähnliche Angebote, die du derzeit wegen Corona nicht nutzen kannst?
Frage dort nach, ob du die ausgefallenen Wochen später nachholen kannst.
Anbieter wechseln
Weiteres Einsparpotential bietet mitunter ein Anbieterwechsel, sei es bei Strom, Gas, Versicherungen, Internetanschluss oder Mobilfunkkosten.
Aber halt: bevor du blind über eines der bekannten Vergleichsportale neue Verträge abschließt und die alten kündigst, überlege gut!
Wenn du preislich attraktive Angebote bei der Konkurrenz findest, aber eigentlich ungern wechseln möchtest, kontaktiere einfach deinen aktuellen Anbieter und frage nach Möglichkeiten, dir preislich entgegen zu kommen. Wenn dies nicht klappt, kannst du immer noch überlegen, ob du wechseln möchtest.
Ich bin absolut kein Fan davon, nur aufgrund von Kosteneinsparungen einem Anbieter die Treue zu kündigen, mit dessen Leistungen ich jahrelang zufrieden war. Das wäre zu kurz gedacht und ist auch nicht fair gegenüber diesen guten Anbietern. Oft zeigt sich bei Schnäppchenanbietern erst bei auftretenden Problemen, dass die günstigen Preise ihre Gründe haben.
ZUSATZEINNAHMEN
Sachen verkaufen
Vielleicht hast du ja schon meinen ersten Blogartikel gelesen und letzten Tage oder Wochen zum Ausmisten genutzt.
Bestimmt waren da auch Dinge dabei, die sich noch gut verkaufen lassen. Zwar ist gerade nicht die Zeit für enge Flohmärkte, aber dank Internet hast du viele andere Möglichkeiten, mit deinen aussortierten Sachen anderen Menschen eine Freude zu machen und obendrein noch ein paar Euro zu verdienen.
Ebay & Co., Online-Flohmärkte wie z.B. bei Facebook und auch Nachbarschaftsnetzwerke wie nebenan.de bieten vielfältige Möglichkeiten.
Nebenjobs, Zusatzeinnahmen
Wenn es deine Zeit (und bei Angestellten natürlich auch dein Chef/deine Chefin) erlaubt, kannst du dein Einkommen durch einen Nebenjob, z.B. auf Minijob-Basis erhöhen.
Es gibt Branchen, die gerade jetzt in der Krise, händeringend nach Aushilfen suchen. Schau in Online-Foren, lies Aushänge im Supermarkt, frage gezielt nach.
Auch online gibt es eine Menge Möglichkeiten, nebenher und von zu Hause aus (perfekt in Quarantäne) ein paar zusätzliche Euro zu verdienen.
Ich nehme zum Beispiel gerne an vergüteten Umfragen teil. Nicht immer gibt es dafür „richtiges“ Geld, aber meine geliebten Kinobesuche bestreite ich zum Beispiel oft mit Kinogutscheinen, die ich als Prämie für Umfragen auf Moviepanel.de erhalte.
Meine Empfehlung für bezahlte Online-Tests und Umfragen:
Testbirds.de,
AttaPoll,
YouGov.de
Mach deine Steuererklärung
Wenn du verpflichtet bist eine Steuererklärung einzureichen und mit einer Erstattung rechnest, dann erledige das möglichst bald nach Jahresbeginn.
Je früher du das Geld vom Finanzamt auf deinem Konto hast, desto früher kannst du auch wieder ein wenig durchatmen. Oftmals lohnt es sich auch eine Steuererklärung abzugeben, wenn man nicht dazu verpflichtet ist.
Es gibt heutzutage tolle Programme, mit denen man das ganz easy erledigen kann. Ich schwöre auf WISO Steuersparbuch von Buhl. Das kostet jährlich um die 30 € und ist in meinen Augen jeden Cent wert.
SCHRITT 4: FÜHRE EIN HAUSHALTSBUCH
Lass mich raten: du hast gestöhnt als du das Wort „Haushaltsbuch“ gelesen hast. Völlig normal! Und dennoch ist es mein eindringlicher Rat für dich, wenigstens für 2-3 Monate ein Haushaltsbuch zu führen. Nur so findest du wirklich heraus, wie hoch deine variablen Kosten sind und die deiner Familie.
Es steht dir frei, ob du ganz „old school“ ein Schreibheft per Hand dafür ausfüllst, eine Excel-Tabelle entwirfst oder auf eine der zahlreichen Apps zurückgreifst. Hauptsache ist, du schreibst akribisch jeden Cent auf, der in den nächsten Wochen dein Portemonnaie oder dein Bankkonto verlässt.
Das kann ein absoluter Augenöffner sein, der dich im Idealfall anspornt, weitere Anpassungen an deinen Finanzen und insbesondere deinem Ausgabeverhalten vorzunehmen.
Vielleicht reicht dir dieser kurze Zeitraum um ein Gefühl dafür zu bekommen, wohin dein Geld – abgesehen von den Fixkosten – so fließt. Vielleicht geht es dir aber auch so wie mir und du machst einfach weiter, weil du merkst dass es Spaß machen kann. Ja, echt jetzt!
Speziell für Lebensmittel habe ich noch 3 Tipps für dich:
Die App TooGoodToGo. Hier kannst du Lebensmittel retten für kleines Geld. Je nach Region gibt es viele Unternehmen, die sich daran beteiligen (Bäckereien, Biomärkte, Supermärkte, Imbisse, Restaurants…). Schau einfach mal rein. Ich liebe die App!
www.mundraub.org – eine Homepage, auf der du nachschauen kannst, wo es in deiner Gegend Möglichkeiten gibt gratis und legal Obst, Nüsse etc. zu ernten
Foodsharing: Auch hier ist Lebensmittelrettung das Gebot der Stunde. Das Konzept ist je nach Region etwas unterschiedlich, am besten informierst du dich über die Details und die Standorte und Zugangsvoraussetzungen der so genannten „Fairteiler“ direkt auf der Homepage.
SCHRITT 5: NOTGROSCHEN AUFBAUEN
Dein Notgroschen ist deine Rücklage für Notfälle. Diese sollte idealerweise soviel Geld beinhalten, dass du bei komplettem Wegfall deiner Einnahmen mindestens 2-3 Monate allein von diesen Rücklagen leben könntest. Bei Selbständigen setzt man eher mindestens 6 Monate an.
Der Notgroschen sollte auf keinen Fall auf deinem normalen Girokonto herumliegen, denn da ist die Versuchung einfach zu groß, das Geld auszugeben. Ideal ist ein Tagesgeldkonto, da man auf dieses im Notfall schnell zugreifen kann, das Geld aber dennoch nicht im ständigen Blickfeld der Versuchung ist.
Anbieter für Tagesgeldkonten gibt es viele. Bei einigen bekommst du sogar noch Zinsen, wenn auch auf niedrigem Niveau. Aber wir wissen ja… Kleinvieh…
Wie spart man am besten für den Notgroschen?
Sobald du Dank Schritt 1 und Schritt 4 einen Überblick über deine aktuelle finanzielle Situation hast, legst du am besten einen exakten Betrag fest, den du per Dauerauftrag direkt nach Gehaltseingang auf dein Tagesgeldkonto überweist. Der Dauerauftrag sollte so lange laufen, bis der von dir angepeilte Gesamtbetrag erreicht ist.
Warte nicht bis zum Monatsende, um dann einfach den Rest vom Geld zu überweisen, denn: da gibt es erfahrungsgemäß keinen Rest. Ist eine echt komische Sache, aber ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass eine Überweisung gleich zu Beginn der beste Weg ist.
LAST BUT NOT LEAST
Wenn du es geschafft hast, den gesamten Artikel bis zu dieser Stelle zu lesen, kann ich dir nur gratulieren zu deinem Durchhaltevermögen!
Du willst es wirklich schaffen Ordnung in deine Finanzen zu bringen, oder? Dann schaffst du das auch!
Sollte deine Situation sehr schwierig sein, such dir Hilfe! Zum Beispiel bei der Schuldnerberatung oder der Verbraucherzentrale. Es gibt sicher auch für dich den passenden Profi. Scheue dich auch nicht, dir eventuell zustehende Leistungen vom Staat zu beantragen. Wir leben in einem tollen Land, du musst da nicht allein durch.
Ich drücke dir ganz fest die Daumen auf deinem Weg!
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